#allesblödmachen

Wir haben lange überlegt – aber ja, wir schreiben auch etwas dazu: #allesdichtmachen.

Es haben inzwischen wohl alle davon gehört: es geht um die Videobotschaft, in der sich unter dem Titel #allesdichtmachen einige Kulturschaffende “satirisch” zur Corona-Lage äußern, speziell zum Umgang der Regierung und Medien mit der Pandemie und zu den Auswirkungen für ihre Branche.

Das hat eine Diskussion ausgelöst, die größtenteils irgendwo zwischen überflüssig und peinlich schwebt. Querdenker jubeln, dass sogar Tatort-Kommissare ihrer Meinung seien. Pflegepersonal und Mediziner sind schockiert und wütend. Und Normalbürger versuchen weiterhin, irgendwie mit Job, Homeschooling und anderen aktuellen Krisen klarzukommen und brauchen so eine Diskussion nun wirklich nicht.

Man könnte kurz sagen: “Ok, 50 Leute haben eine Meinung. Und ein Video dazu gemacht. Schönen Tag noch. War sonst noch irgendwas wirklich Wichtiges?”

Und es mag auch schräg sein, dass darin “die Medien” von Menschen kritisiert werden, die selbst von diesen Medien leben und für sie arbeiten. Aber wer hat nicht schon einmal über den eigenen Arbeitgeber geschimpft, also was soll’s. Über diesen Punkt schauen wir darum hinweg.

Letztendlich generiert das alles doch nur Aufmerksamkeit für die, die das Video gemacht haben. und die scheinen sie ja nötig zu haben.

Damit könnte man die ganze Sache abschließen. Eigentlich.

ABER – es sind folgende wichtige Dinge passiert:

Hier nutzen Kulturschaffende ihre Mittel und Möglichkeiten, um mit undurchsichtigen Selbstdarstellungen irgendwie Frust abzulassen. Über die Situation an sich. Über die – ihrer Meinung nach – irgendwie “lächerlichen” Versuche der Regierung, mit allem klarzukommen. Über die Medien, die angeblich keine Meinungsvielfalt mehr zuließen, sondern nur noch Sprachrohr eben dieser Regierung seien. Und das alles wird auch noch SO formuliert, dass es im Zweifelsfall auch wieder anders ausgelegt werden kann, denn es hat ja genau SO eigentlich niemand direkt so gesagt hat.

Was ist das? Genau – das macht man, um Zweifel und Zwietracht zu säen. Und das braucht im Moment nun wirklich niemand. Wir haben doch alle genug Sorgen.

Diese Mittel und Möglichkeiten hätten sicherlich auch wertvoller genutzt werden können. Wer wirklich etwas ändern will, handelt anders – nicht nur mit einer in jede Richtung auslegbaren Selbstdarstellung.

Mit diesem “Zweifel und Zwietracht säen” haben sie nicht nur Öl in das Feuer der öffentlichen Diskussion gegossen, sondern auch den am Limit arbeitenden Menschen in Pflege, Medizin und anderswo eine schallende Ohrfeige verpasst. Das ist rücksichtlos und gefährdet das Gemeinwohl.

Zum Glück sind die meisten Menschen im medizinischen Bereich so professionell, auch solche Leute zu behandeln, wenn sie mal auf einer Intensivstation landen. Aber einfacher wird es dadurch nicht.

Hätten diese Kulturschaffenden wirklich etwas bewegen wollen, wären sie wirklich um … was auch immer … besorgt, um Meinungsvielfalt, Mediengewissen oder dergleichen, dann hätte es sicherlich bessere Möglichkeiten gegeben, sich zu äußern oder sich einzusetzen. Etwas vom eigenen Honorar spenden zum Beispiel. Oder Projekte durch Mitarbeit unterstützen. Irgendwas. Aber nicht sowas.

Dazu kommt noch, dass im Hintergrund des besagten Videos Drahtzieher aus der rechten Szene stehen. Diese Zusammenhänge waren den Beteiligten unter Umständen nicht einmal ganz klar. Das ist der wirkliche Skandal. Und das sollte deutlicher aufgedeckt werden, damit wirklich alle sehen, dass hinter diesem Video am Ende doch nur reiner Kommerz und politische Manipulation stehen. Nicht die so gefeierte “eigene Meinung”.

Es ist jedenfalls alles nicht so ganz einfach. Natürlich darf jeder seine Meinung sagen, aber dann muss man halt auch Kritik aushalten. DAS ist Meinungsfreiheit, nichts anderes.

Bleibt wachsam, rennt keiner Meinung hinterher, informiert Euch, diskutiert kontrovers – aber bleibt fair und menschlich.

Wir empfehlen nachstehend noch zwei gute Artikel hierzu:

  1. Offener Brief der Journalistin Mela Eckenfels an Ulrike Folkerts (eine der Mitwirkenden im #allesdichtmachen Video):
    publikum.net/eine-mail-an-ulrike-folkerts/?fbclid=IwAR2o3GAEZoTirr0zI26mIMVScA8noS8crNcNQ9cKNdNUYAjrBxvsFz60D1A

  2. Politische Hintergründe zu #allesdichtmachen:
    tagesspiegel.de/kultur/filmbranche-und-querdenker-das-antidemokratische-netzwerk-hinter-allesdichtmachen/27149604.html

Alles Gute!

P.S. – noch ein bisschen “leichtere Kost” – was das Kollegium aus dem Münsteraner Tatort sagt:

> Christine Urspruch
> Axel Prahl